Viva Mexico

Manchmal ist es Zeit für Veränderungen – selbst wenn vermeintlich alles gut so ist, wie es eben ist. Lutz … bekochte über zehn Jahre seine Gäste im Juwelier in der Weidenallee. Die Menschen, die zum Essen kamen, waren sichtlich zufrieden und glücklich. Über einen solchen Zeitraum eine gleichbleibende Qualität zu halten und damit Standards für die wiederkehrenden Kostgänger zu halten, ist eine tolle Leistung und ein Zeichen, dass man so weiter machen kann. Für Lutz war es allerdings an der Zeit, etwas Neues auszuprobieren und nicht mehr selber hinter dem Herd zu stehen.

So entstand die Idee, das Juwelier in die jetzige COOK UP culinary gallery zu verwandeln, neuen Wind in die Küche zu bringen und Newcomern aus der Gastroszene eine Plattform zu bieten.
Seitdem bietet die COOK UP culinary gallery eine bunte Vielfalt an Pop up Lokalen, die von Käsefondue bis hin zur äthiopischen Küche reichen. Vor Kurzem hatte ich das Vergnügen, die Jungs von ALMA kennenzulernen und in den Genuss ihrer hammermäßigen Tacos zu kommen. Die „Jungs“, das sind Flo und Moritz, die vor ihrem Gastronomie-Debüt in der Finanzbranche und bei einem Software-Startup gearbeitet haben. Die Lust am Kochen und die Leidenschaft für nachhaltiges und außergewöhnlich gutes Essen hegten die beiden schon sehr früh in Ihrem Leben und ist der gemeinsame Nenner für die Zusammenarbeit der beiden.

Kennengelernt haben sich Flo und Moritz vor 6 Jahren während einer kleinen Episode in ihrem Leben, die sie in London verbrachten. Unabhängig voneinander sollten sie einige Jahre später durch Mexiko reisen und fasziniert von diesem Land – insbesondere von seiner vielseitigen und einzigartigen Kulinarik – zurückkommen. Wie sich die Zwei gefunden haben und warum sie sich der mexikanischen Küche verschrieben haben, sollten sie am besten selber erzählen. Meine absoluten Favoriten während Ihres Pop Ups in der Schanze waren übrigens der vegetarische Taco Mole Oriental und der Beef Brisket Taco. Ich hoffe, Ihr kommt bald wieder.

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Lieber Flo, lieber Moritz,

wie habt Ihr Euch kennengelernt?“

Flo // Ich absolvierte im Sommer 2011 in der Londoner City ein Praktikum bei einer Bank. Über einen gemeinsamen Freund habe ich dann Moritz kennengelernt, der den Sommer ebenfalls in London verbrachte.

Moritz // Ich war noch mitten im Bachelor-Studium und wohnte während meines London Aufenthaltes bei meinem besten Freund aus der Heimat der auf der gleichen Uni war wie Flo. Bei einem Dinner von gemeinsamen Freunden lernten wir uns dann alle kennen. So beginnen ja die meisten kulinarischen Liebesgeschichten, trotz des stark digitalisierten Zeitgeistes.

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Wer von euch beiden hat denn die größere Affinität zum Kochen und wo war der Einstieg? “

Moritz // Gekocht haben wir zu der Zeit wahrscheinlich beide ähnlich oft und gerne. Mir hat es immer großen Spaß gemacht für größere Freundesrunden den Löffel zu schwingen und einen erinnerungswürdigen Abend mit Drinks und Musik zu gestalten. Ich habe zudem immer Partys (mit)organisiert und genieße es einfach Leuten eine schöne Zeit zu bescheren. Wenn es darum ging für meine Gäste zu kochen, war ich nie bereit weder bei Zutaten noch beim kulinarischen Ansatz Kompromisse zu machen.

Flo // Wenn ich mich ganz weit zurückerinnere habe ich schon als Elfjähriger für meine Familie gekocht, z.B. an verschiedenen Geburtstagsfeiern. Das hat sich dann über die Jahre hochgeschaukelt und während des Studiums und meiner ersten Berufsjahre dann nochmals verstärkt. Ich habe angefangen, regelmäßig mein eigenes Brot zu backen, habe mit einem guten Freund und ehemaligen Kollegen für ein Team meines ehemaligen Arbeitgebers eine Weihnachtsfeier mit zehn Gängen geschmissen und spätestens dann hat mich die Idee nicht mehr losgelassen, dieser Tätigkeit hauptberuflich nachzugehen. Ich bin wahrscheinlich etwas koch verrückter als Moritz aber es ist vermutlich besser, dass nicht gleich zwei von meiner Sorte an unserem Projekt mitwirken.

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Dann würde ich mal sagen, dass ihr zwei euch gut ergänzt.

Warum wurde es die mexikanische Küche und was findet ihr spannend und lecker an dieser Küche?

Moritz // Ich war 2015 bereits für 3 Wochen in Mexiko unterwegs. Mit im Gepäck hatte ich die fast nahezu ausnahmslos unterirdischen bis traumatischen kulinarischen Erfahrungen, die man in Deutschland so macht, wenn man zum Mexikaner geht. Die hiesige „mexikanische“ Gastro-Landschaft und alle seine Tex-Mex-Entgleisungen samt dem Angebot im Supermarkt vermittelt uns Verbrauchern ja ein total krasses Zerrbild von mexikanischem Essen. Das hat nicht in geringster Weise etwas mit der Esskultur in Mexiko zu tun und gleicht meist einer schlechten Kopie dessen, was die US-Amerikaner unter mexikanischem Essen verstehen. Ich kam dann geläutert und hellauf begeistert von diesem faszinierenden Land mit seiner noch faszinierenderen Küche wieder nach

Deutschland und hab vor allen Dingen mexikanische Tacos – die Streetfood Institution schlechthin in Mexiko – schmerzlich vermisst. Gutes mexikanisches Streetfood hat eine selig machende Wirkung auf mein Allgemeinbefinden.
Flo // Ich war im Mai 2016 das erste Mal in Mexiko und hatte schon eine ziemlich klare Vorstellung davon, inwieweit mich mexikanisches Essen beeindrucken würde, und so ist es dann auch gekommen. Wobei meine Vorstellungen bei Weitem übertroffen wurden. Für mich sind das Besondere an der mexikanischen Küche der Mais und die unendlich vielen Produkte die darauf basieren sowie die Geschmäcker und die Qualität von so vielen mir unbekannten Zutaten. Und ich bin schwer beeindruckt von den Fähigkeiten und der Hingabe der Menschen, die tagtäglich unter einfachsten Voraussetzungen diese fantastischen Geschmäcker kreieren, die in jedem Sternerestaurant hierzulande eine Daseinsberechtigung hätten. Und wie Moritz schon erwähnt hat, da hat man natürlich sofort die Idee, dieses riesige „kulinarische Vakuum“ in Deutschland zu füllen und die verschiedensten Geschmäcker Mexikos den interessierten Essern näher zu bringen.

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Ihr habt jetzt die ersten Monate als Gastronomen hinter euch.

Wie schwer oder einfach ist der Start gewesen? Kamen zwischendurch Zweifel, ob es das Richtige ist?

Flo // An meiner Entscheidung gezweifelt habe ich bis heute noch gar nicht. Der Start war schon sehr intensiv aber das wurde mir zumindest erst im Nachhinein so richtig bewusst was wir da Alles in der Kürze der Zeit auf die Beine gestellt haben. Allein die Wochen vor dem ersten Tag in der Weidenallee waren unglaublich intensiv und anstrengend. Wir mussten ja die die ganzen Waren an der Start bekommen – angefangen bei lokalen Gemüse-, Fisch- und Fleischlieferanten, über unsere Mais- und Chili-Lieferanten aus den USA und Mexiko bis hin zu einer Mais-Mühle und einer Tortilla-Presse, die wir in Mexiko gekauft hatten und eigens verschifften.
Moritz // Zudem wussten wir nicht wirklich was auf uns zukommt, wenn wir eine komplette Speisekarte mit Vorspeisen und einer Nachspeise entwickeln. Von den Cocktails ganz zu schweigen – bei diesem Thema waren wir beide komplett grün hinter den Ohren. Also unbekanntes Terrain so weit das Auge reicht. Und dann war da noch die Leihgabe von Fotografien einer mexikanischen Künstlerin, die einen Tag vor der Eröffnung eintrafen und trotz Baustellen an allen Enden noch aufgehängt

werden mussten. An dieser Stelle ein großes Dankeschön an Lutz von der COOK UP culinary gallery, der uns hierbei und in vieler Hinsicht unter die Arme griff.
Flo // Es gab schon extrem viele Baustellen und Stolpersteine und alles war erst buchstäblich in letzter Minute fertig. Wir haben vor allem einen hohen Anspruch an uns selbst. Wir wissen wie gut bestimmte Rezepturen schmecken können und daran messen wir uns auch. Klar wird man da immer wieder mal nervös, wenn es nicht sofort klappt. Doch die meiste Zeit ist man so im Stress, dass aufkommende Zweifel gar nicht beachtet werden können.
Aber das Feedback unserer Gäste war fast durchweg sehr positiv und wir konnten viele für unsere Interpretation der mexikanischen Küche begeistern und gewinnen. Das bekam man vor allem durch wiederkehrende Gäste mit, was ja bei vier Wochen Restaurantbetrieb nicht selbstverständlich ist.

Moritz // Ja stimmt, da gab es ein Pärchen, dass uns in den ersten 10 Tagen nach Opening dreimal besucht hatte. Trotz unseres vergleichsweise höheren Preisniveaus – Qualität und aufwendige Rezepturen mit Rohstoffen aus den USA und Mexiko haben nun mal Ihren Preis – bestellten unsere Gäste oft mindestens ein Mal nach und wir verkauften unglaublich oft unser Dessert (Avocado-Eis, Mais-Eis und Chili-Schoko-Ganache), was wir als großen Zuspruch gegenüber unseren Ideen verstanden.

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Was spornt euch an, oder warum habt ihr euch für diese Arbeit entschieden?

Flo // Mein größter persönlicher Ansporn ist es, Gerichte zu beherrschen und Menschen näher zu bringen, die sie in dieser Qualität und Form noch nicht kennen. Diese Art zu Arbeiten macht mir unheimlich viel Freude und die Anerkennung vieler unserer Gäste im COOKUP bestätigt mich in unseren und meinen persönlichen Zielen.

Moritz // Klar, unser Arbeitspensum hat sich gegenüber unseren alten Jobs verdoppelt bis verdreifacht. Aber dieses Gefühl in der Brust zu tragen, etwas zu machen hinter dem man stehen kann und anderen Leuten große kulinarische Freuden bereitet, ist unbezahlbar – nichts geht über das Gefühl in der Küche zu stehen und von Gästen die Bestätigung zu erhalten, dass das was man kocht ganz neue und zuvor nicht gekannte aromatische Wege beschreitet und dabei noch ausbalancierte Geschmacksnoten hat und handwerkliche Präzision aufweist.

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Ihr habt von eurer Reise unterschiedliche Rezepte mitgebracht, aber verändert diese auch nach  eigenen Vorstellungen und eurem Geschmack.

Auf was legt ihr Wert und wie authentisch soll eure Küche sein?

Flo // Der Einfachheit halber sei die mexikanische Küche erst einmal auf Tacos reduziert. Tacos basieren auf zwei tragenden Säulen, der Tortilla, dem Maisfladen, sowie der Salsa, die dem Taco die entscheidende Note verleiht. Hier möchten wir keine Kompromisse eingehen, und so authentisch sein wie es nur geht. Dafür importieren wir Mais und verschiedenen frische und getrocknete Chilischoten direkt aus Mexiko. Die verschiedenen Salsas geben im Prinzip den Rahmen für die verschiedenen Füllungen vor. Salsa Negra zum Beispiel erinnert mit einer Mischung aus Süße, Rauch und Schärfe sehr stark an eine BBQ-Sauce weswegen wir uns dafür entschieden haben, Beef Brisket dazu zu packen, einen der Barbecue Klassiker aus den USA. Und es schmeckt halt einfach sehr geil, ist einem vertraut und dennoch ein komplett neues Geschmackserlebnis.

Salsa Habanera dahingegen hat neben der betörenden Schärfe fantastische Fruchtnoten und passt sehr gut zu Seafood. Deswegen gibt es von uns dazu Tiger Shrimps und Guacamole. Wenn man die mexikanische Küche versteht, dann merkt man schnell dass Fisch, Fleisch und Gemüse eigentlich die Beilagen zu Tortillas und Salsas sind. Und bei den Beilagen greifen wir dann auf die Produkte zurück, die wir vor Ort finden, da eröffnet sich uns dann ein großer und interessanter Spielraum.
Moritz // Wir beide legen sehr großen Wert darauf, das wertvolle kulinarische Erbe aus Mittelamerika, insbesondere Mexiko, mit gebührendem Respekt anzutreten. Das sind wir unserem eigen Anspruch, aber auch unserem Tortilla-Mentor – Flo und ich durften in Oaxaca ein einwöchiges Praktikum in einem der 100 besten Restaurants Mexikos absolvieren – und unseren Partnern aus Mexiko schuldig. Mexiko hat jahrhundertelang die westliche Kultur in Form von Missionierung übergestülpt bekommen. Mag pathetisch klingen, aber vielleicht kann man Flo und mich als Missionare der mexikanischen Küche auf deutschem Boden bezeichnen. Mexiko liegt uns einfach unglaublich am Herzen und wir wollen diese Begeisterung mit unseren Gästen teilen, indem wir sie auf eine spannende kulinarische Entdeckungsreise mitnehmen

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// Photos & Written by: Uta Gleiser

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